Gabriele Groschopp
Ein Innungsporträt
Bereits 1415 wird die Schmiedeinnung Chemnitz in der Wach- und Zirkelordnung mit fünf weiteren Innungen urkundlich erwähnt. Ein genaues Innungsgründungsdatum ist nicht bekannt. 1539 trennen sich die Schlosser von den Schmieden, ohne jedoch lange einzeln oder gesondert existieren zu können. In der Schmiedeinnung vereinen sich Sensen-, Huf-, Messer-, Säge- und Kupferschmiede, Wagner, Schlosser, Riemer und Gürtler. Eine weitere, sogenannte Sammelinnung gibt es seit 1618, der nur Metallgewerbe, also Büchsenschmiede, Uhr- und Windenmacher sowie Sporer und Schlosser angehören. Die Schmiedeinnung existiert, trotz zum Teil erheblicher Auseinandersetzungen im Produktionsabsatz, bis zum zweiten Weltkrieg. Die Bombardierungen auf Chemnitz vernichten auch die Werkstatt des damaligen Obermeisters und somit sämtliches Kultur- und Traditionsgut der Schmiedeinnung Chemnitz.
Wie bekannt, werden zu DDR-Zeiten die bestehenden Innungen zu Berufs- oder Fachgruppen umgewandelt. Die Leiter der Schmiedeberufsgruppe verstehen es gut, ihre Mitglieder mit fachlichen Vorträgen, Exkursionen und gemütlich geselligen Veranstaltungen zusammenzuhalten. Es gibt keinen Schmiedebetrieb, der der Berufsgruppe fernsteht, weil Not Zusammenhalt bringt. Die Berufsgruppe Schmiede Chemnitz betreut seit 1949 auch die Schmiede des Landkreises Chemnitz.
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Aktive Innung
Nach der Wende 1989, bzw. Anfang 1990, in der sogenannten "Übergangszeit" finden nach wie vor Fachabende stand, der Zusammenhalt, das Beisammensein ist mehr denn je gefragt, keiner soll das Gefühl haben "fallengelassen" zu werden. Die gegenseitige Unterstützung bleibt Bestandteil der Arbeit.
Am 6. September 1990, gründet sich die Schmiedeinnung Chemnitz neu und nimmt auch die Schmiede des Kreises Stollberg mit auf. Später, noch vor der eigentlichen Gebietskreisreform im August 1994, schließen sich bereits am 19. April im Rahmen einer Innungsversammlung die Schmiede des Kreises Hohenstein-Ernstthal der Schmiedeinnung Chemnitz an.
Nahezu traditionell werden die Fachabende monatlich weitergeführt, Innungsversammlungen finden zweimal jährlich statt und die auch damals schon durchgeführten Exkursionen unternimmt die Innung nun nicht mehr mit dem Zug, sondern mit dem Bus. Die 57 Mitgliedsbetriebe nehmen nicht nur gern an dem einmal jährlich stattfindenden geselligen Beisammensein teil. Auch die Teilnahme an den Innungsversammlungen mit 65 bis 80 Prozent zeugt von einem überaus interessanten Innungsleben, deren Obermeister es gut versteht, seine Mitglieder immer wieder neu zu motivieren.
Die Auftragslage der Innungsbetriebe ist mit gut einzuschätzen. Öffentliche und private Aufträge gestalten sich wie in jeder anderen Branche.
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Ebenfalls schon traditionell ist das Engagement der Innung für die Handwerksmesse in der Chemnitzer Stadthalle. Dort findet regelmäßig mit den Lehrlingen und Meistern (man teilt sich den Tag ein, so daß es für keinen zuviel wird) ein "Schauschmieden" statt. Auch an der Gewerbeschau in Stollberg wird sich beteiligt. Obermeister Bernhard Prüfer geht selbst ebenfalls zum "Schauschmieden", zum Beispiel am "Tag der Sachsen" oder auf Märkte etc. Es wird was getan, unsere Innung ist fast überall präsent, so der zu Recht stolze Obermeister.
Eine Beteiligung an größeren Messen, zum Beispiel der letzten Baufachmesse in Leipzig, wird nicht in Erwägung gezogen. Hier ist dann der Aufwand eher größer als der Nutzen. Verkauft wird nichts, alle werden gern beim Schmieden zuschauen. Traditionelle Schmiedekunst hat bleibenden Wert, als Handarbeit aber auch ihren Preis.
Wünschenswert wäre eine bessere Zusammenarbeit mit der Kammer. Die Kreishandwerkerschaft ist ein guter Partner.
Der Zulauf neuer Mitglieder ist gering, wen wundert's, alle Schmiede sind schon in der Innung. Es gibt tatsächlich nur einen Betrieb im Kreis, der noch nicht Mitglied ist. Neue Mitglieder sind natürlich immer herzlich willkommen.
Zum Chemnitzer Land gehört auch Glauchau. Dort gibt es eine eigene Schmiedeinnung. Man weiß heute noch nicht, ob diese Innung einmal zur Schmiedeinnung Chemnitz dazugehören will. Es kommen auch Teile des Kreises Mittweida hinzu, da dieser nach der Gebietskreisreform geteilt wurde. Hier ist die Innung sich mit ihrem Obermeister einig: "Das ist gewachsen und die Betriebe sollen solange dazugehören, wie sie selbst es wollen". Von einigen Landräten wohl gefordert, kann nicht einfach gesagt werden, jetzt ist Schluß, hier ist die Grenze. So ähnlich hatten wir's schon mal.
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"Spurmacherinnung" in der Ausbildung
Die Ausbildung ist ein leidiges und in den vergangenen Wochen und Monaten arg strapaziertes Thema. Da gibt es die Mobilitätszulage, von der Kammer hoch gepriesen, von den Betrieben, vor allem in den anderen Bundesländern, stark abgelehnt. Sie fordern zu Recht, daß dieses Geld lieber den landeseigenen Betrieben zukommen soll.
Ein Handwerksbetrieb erhält für die Ausbildung von zwei Lehrlingen 3000 DM, aber wenn nur ein Lehrling ausgebildet wird, gibt es gar nichts. Und jeder weiß, daß Ausbildung Geld kostet.
Warum ist die Schmiedeinnung Chemnitz gerade hier ein positives Aushängeschild?
Ihr Obermeister Bernhard Prüfer, der zu DDR-Zeiten jahrelang in der Berufsfachkommission (BFK) tätig war, der schon seit 1988 eigentlich für nur drei Jahre Lehrzeit plädiert, ebenfalls schon neue Lehrpläne mit entwaarf, und sich frühzeitig um mögliche Fördermittel für die Ausbildung kümmerte, hat einen Weg gefunden.
Seine Innung finanziert die überbetrieblichen Lehrgänge der momentan 13 Lehrlinge über den Innungs-Beitragssatz.
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Seit 1970 bis zur Wende werden schon Schmiedelehrgänge mit mechanischem Hammer (überbetriebliche Lehrunterweisung) nach dem Schulunterrict durchgeführt. Meister der Berufsgruppe stellen sich zur Verfügung, um den Lehrlingen in der Schmiede der kommunalen Berufsschule spezielle Schmiedetechniken zu vermitteln. Nach der Wende wird aus der Innung ein Ausbildungsmeister gewonnen, der als Kammerangestellter die überbetriebliche Lehrunterweisung durchführt.
Der Rückgang von Lehrlingen in der Metallgestaltung (viele entscheiden sich für die Konstruktionstechnik!) läßt die Schmiedeinnung die Bildung einer Landesfachklasse ab dem dritten Lehrjahr in der Bundesfachschule Roßwein befürten.
So ist es kein Wunder, wenn die Schmiedeinnung Chemnitz schon immer in der Ausbildung führend ist.
Seit drei Jahren werden auch wieder Freisprechungen von der Innung selbst vorgenommen. Einen Spruch, den man dem Gesellen mit auf den Weg gibt, hat die Innung noch nicht, dafür aber wieder eine Lade - ein Meisterstück. So finden die Freisprechungen im feierlichen Rahmen, meist in einer Gaststätte statt, mit Glocke und Lade sowie einem Präsent für jeden Gesellen, überreicht vom Obermeister.
Traditionen werden also weiter gepflegt und sicher gelingt es der Innung auch bald, noch einen Raum zu finden, in dem dann auch die traditionellen Hammerschläge auf den Amboß ausgeführt werden können.
Bilder: Redaktionsbüro Groschopp
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