Gabriele Groschopp

Fritz Kühn – 1910 bis 1967

Am 29. April wäre der berühmte Berliner Metallgestalter 90 Jahre alt geworden.

Ihm zu Ehren öffnete am Vorabend eine Ausstellung "In Gottes harter Herrlichkeit" in der Kunstgalerie DOMizil im Berliner Dom am Lustgarten. Mit den dort zu sehenden Skulpturen, Fotos und Dokumenten ehrten die Familie, Freunde und namhafte Persönlichkeiten der Zunft das Lebenswerk eines Kunstschmieds, Bildhauers, Autors, Fotografen und Restaurators.

Worte zur Eröffnung hielt Professor em. Dr. Dr.Peter H. Feist. Er bewundere an dem Lebenswerk, das der mit 57 Jahren viel zu früh verstorbene Fritz Kühn hinterließ, besonders, dass "er mit seiner außerordentlichen Formphantasie und gestalterischen Potenz pochte nicht auf seine Subjektivität, sondern wollte seine Mitbürger erreichen, berühren, mitnehmen; er war, wie es Käthe Kollwitz formulierte hatte, einverstanden damit, dass seine Kunst Zwecke hat, auch den, Genuss und Freude zu verbreiten. Er war sich nicht zu schade, seine Schöpfungen in architektonische, umweltgestaltende Zusammenhänge rücksichtnehmend einzuordnen. Und er hat mit sparsamen wie auch hochkomplexen Gestalten unserer Wahrnehmung fassliche und in aller Dynamik ruhige "Bilder" geboten...".

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Akzente in Stahl

Die Ausstellung ist nicht groß. Die Wände zieren Bilder ohne Titel. Sie zeigen die von 1951 bis Anfang der sechsziger Jahre entstandenen Arbeiten Fritz Kühns mit Silbergelatinepapier und sind Leihgaben der Berlinischen Galerie.

Drei ausgestellte Plastiken machen deutlich, dass der wichtigste Werkstoff für Kühn der Stahl war. Hervorgerufen durch Schmiedearbeiten enstand der falsche Eindruck, dass Stahl schwer, schnörkelbehaftet und vor allem schwarz sei. Er erkannte, dass dieser Werkstoff im Inneren silbrig-weiß war und im flüssigen Zustand gar eine ganze Farbskala durchläuft: von glühendem Rot, das sich beim Abkühlen ins Dunkelrot vertieft, aber auch "stahlblau", bedingt durch die Hitze der Anlassfarben. Gut zu sehen ist das bei der dargestellten "Taufschale".

Endgültig berühmt wurde Kühn mit der geschmiedeten Gitterwand für den Pavillon der Weltausstellung 1958 in Brüssel, für die das Röntgenbild eines mesnschlichen Brustkorbs Pate stand. Einen weiteren Beweis für die reichlichen Möglichkeiten stählerner Wandarchitektur lieferte Fritz Kühn zwei Jahre vor seinem Tod. Gewalzt und geätzt enstand 1965 die 44m lange Stahlwand zwischen Foyer und Kassenhalle des Opernhauses in Dortmund.

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Aus diesem sehr ergiebigen Jahr stammen auch die "117 x A" am Eingang der Berliner Stadtbibliothek. Durch verschiedene Farbgebung, hervorgerufen durch Aufschmelzen anderer Metalle, Vergolden, Beizen und Färben zeigt sich in den handgeschmiedeten Flächen die Wandlung dieses einen Buchstabens.

Flächen durch sichtbare Zeichen zu belegen, war ihm eine fesselnde Aufgabe.Mit besonders gefertigten Setzhämmern wurden Schriftbilder in Stahl eingeätzt. Hiebe mit verschieden geformten Meißeln verwandelten das Stahlblech in ein "Schriftstück". So hat Kühn den frommen Wunsch des Dichters Ringelnatz in einer seiner schönsten Schriftplatten 1964 in Edelstahl geschmiedet, verewigt.

Und das nicht ohne Ironie. Es war der "Haussegen" für sich und seine Mitarbeiter und gleichzeitig eine Warntafel für all die, die meinten, in seiner Werkstatt würden kunstgewerbliche Produkte gehandelt. Mit seinem eingeschmiedeten Namenszug an der rechten unteren Seite der Reliefplatte hat Kühn dieses testamentarische Vermächtnis auch für sich unterschrieben. Und er verteidigte mit diesem freundlichen Wappenschild gleichsam die Ehre seiner Zunft.

Die Ausstellung ist noch bis zum 29. Juli geöffnet.

Fotos: Redaktionsbüro Groschopp

M&T Metallhandwerk 7/2000, Seite 34

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Dokumentiert auf Silbergelatinepapier: Arbeiten von 1951 bis Anfang der Sechzigerjahre
"Ringelnatz", 1964; Edelstahltafel, geschmiedet: Höhe 61 cm, Breite 56 cm
Anlauffarben auf Metall: "Kristallinisch wachsend", 1964; Kupfer, abgekantet, Höhe 170 cm