Moderne Architektur mit Aluminium-Glas-Fassaden


Der Wohn- und Gewerbekomplex am Spree-Bogen gehört zu den bekanntesten Neubauten Deutschlands. Unweit von Berlins Tiergarten und Reichstag entstand auf dem 47.000 m² großen Gelände der alten Meierei Bolle am Alt-Moabiter Spreeufer ein großer Büro- und Dienstleistungskomplex mit etwa 100.000 m² Büro- Dienstleistungskomplexen mit etwa 100.000 m² Bürofläche, einem Hotel mit 225 Zimmern, 100 Wohnungen, Läden und Restaurants.

Begonnen hat alles mit dem Architektenwettbewerb im Herbst 1990. Im März 1991 wurde das endgültige städtebauliche Konzept verabschiedet. Nach der Phase der Bauanträge und -genehmigungsverfahren sowie teilweisem Abriß erfolgte im September 1992 der offizielle Baubeginn. Bereits im September 1994 konnte das „Haus am Wasser“ und im Dezember des gleichen Jahres der „Bogen“ fertiggestellt werden.

Einen kühnen Entwurf erarbeiteten die Berliner Architekten Kühn Bergander Bley; und setzten sich damit gegen die Konkurrenz aus Amerika und Frankfurt durch. Die zum Teil denkmalgeschützten Zeugen des vergangenen Jahrhunderts wie die „Alte Meierei“ – Baudenkmal aus dem Jahre 1864 und das frühere „Leutehaus“, heute das „Haus am Wasser“ – wurden sensibel bewahrt und in die neue Nutzung einbezogen. Gleichzeitig entstand aber auch mit den Neubauten Spree-„Bogen“, dem „Quartier“ und der Umplanung des Leutehauses eine Brücke zum architektonischen Morgen.

Als sich 1989 der Pizzabäcker Ernst Freiberger entschloß, die alte Bolle-Meierei zu kaufen, ahnte er weder etwas von der Wiedervereinigung der Stadt, noch konnte er wissen, daß die Bundesregierung einmal 32.000 m² im Spree-„Bogen“ für das Innenministerium anmieten würde. So aber hat er (unbeabsichtigt) dazu beigetragen, daß das Bundesinnenministerium pünktlich am 1. Juli 1999 seine Arbeit in Berlin aufnehmen kann und einer glanzvollen Architektur noch ein politischer Inhalt gegeben wird.

nach oben

Fassaden

Eine Fassade ist die zweite Haut eines Bauwerks und regelt im Gesamtsystem Gebäude den Übergang vom Außen- zum Innenklima. Sie hat also neben einer gestalterischen Funktion, die für den Betrachter zweifellos im Vordergrund steht, auch eine funktionelle Seite. Diese regelt den Wärme- und Feuchtigkeitshaushalt und sorgt für den Sonnenschutz, Schallschutz und Brandschutz. Die Palette gestalterischer Mittel reicht von der Baukörpergliederung über die Farbgestaltung, Ausführung einzelner Details bis zur Werkstoffauswahl. Der Werkstoff Aluminium hat sich bei den Fassadenkonstruktionen einen unersetzlichen Platz erobert.

In der Welt der Aluminiumfassaden führte die Systemphilosophie in der Architektur zu einer erfrischenden Belebung im Gestaltungsspektrum.

Bei der Planung der Fassaden der hier vor allem interessierenden Objekte „Bogen“ und „Haus am Wasser“ wurde neben einer homogenen Gesamtoptik besonderer Wert auf die funktionelle Seite der Fassade gelegt. Aufgrund dieser Anforderungen und der Ergebnisse aus Windanalysen entschieden sich die Architekten Kühn Bergander Bley für eine vorgehängte Aluminium-Fassade aus dem filigranen Profilsystem FW 50 und einer wärmegedämmten Aluminium-Ganzglasfassade GF 60: Aluminium – nicht nur mit Blick auf das ästhetische Empfinden, sondern vor allem wegen seiner Beständigkeit und der möglichen Vielfalt der Profilgeometrien. Diese bewährten Systeme der Hersteller SCHÜCO und HUECK eignen sich besonders für große Fassadenflächen.

nach oben

Spree-Bogen

Der „Bogen“, in Stahlbeton-Skelettbauweise ausgeführt und in herkömmlicher Massiv- sowie zum Teil in Fertigbauweise errichtet, bildet mit 290.000 m³ umbautem Raum das größte Bauobjekt des Gesamtprojekts.

Die zwei gestreckten Baukörper mit zum Spree-Ufer gerichteten, fünfzehngeschossigen Rotunden umschließen 57.000 m² Bürofläche. Während für den Bogen etwa 10.000 m² spanischer Granit (Rosa Porrino) in der Fassade verarbeitet wurde, sind die beiden turmartigen Kopfbauten mit 49 m Bauhöhe mit Aluminium-Glas-Fassaden ausgestattet. Im Bereich der Brüstungen und Stützen ist die Glasfassade hinterlüftet (Kaltfassade).

Dem Betrachter bietet sich also in der Nord- und Südansicht eine rund gestaltete Fassade, die sich im Innenbereich fortsetzt. Dabei ergibt die Segmentierung in der Konstruktion den gestalterischen Effekt der Rundung, obwohl alle Elemente gerade eingesetzt sind.

Bei der hier verwendeten Pfosten-Riegel-Konstruktion ist die raumseitige, statisch tragende Konstruktion eine thermisch getrennte Bauweise mit geringer Ansichtsbreite von 50 mm. Die raumseitige Anordnung der tragenden Profile erfüllt die Forderungen des Wärmeschutzes in allen Bereichen.

Eine Hauptgefahr für den Randverbund von Mehrfachisolierglas ist Feuchtigkeit. Die Entwässerung der Pfosten-Riegel-Konstruktion beim System FW 50 erfolgt durch Überklinkung der Riegelprofile auf die Pfostenprofile. So wird das eventuell auftretende Kondensat kontrolliert abgeführt und in den Fußpunkten nach außen geleitet. Hierbei handelt es sich um ein von SCHÜCO patentiertes System, daß auch gerade bei Lichtdächern wie in der Rotunde im U-Bereich ein hohes Maß an Systemsicherheit bietet. Die hohe Dichtheit der gesamten Fassadenkonstruktion wird besonders durch die optimale Dauerelastizität und Rückstellkraft der Dichtprofile gewährleistet.

Für die Fenster- und Tür-Einsatzelemente wurde das ebenfalls von SCHÜCO entwickelte System ROYAL S 65 verwendet. Dabei handelt es sich um eine wärmegedämmte, außen flächenbündige Fenster- und Türenserie. Besonders problemlos ist hierbei die Zweifarbigkeit der Fensterprofile. Die Beschläge erfüllen alle Anforderungen während des Betriebs und durch geringe Zusatzteile ebenfalls die Forderungen an eine geprüfte einbruchhemmende Konstruktion, hier besonders in Erdgeschoßlage.

Weiterhin wurden Brandschutzelemente in Form der G 30 Stahl-Brandschutz-Verglasung als Innentrennwand eingebaut.

nach oben

Haus am Wasser

Die Herausforderung für die Architekten beim ehemaligen „Leutehaus“ bestand in der gelungenen Symbiose zwischen alt und neu im Gesamtensemble. Das Bürogebäude mit einer Fläche von 1.250 m² wurde spreeseitig original nachgestaltet und erhielt auf der Nordseite eine halbkreisförmige Ganzglasfassade, als formaler Kontrast zu den Türmen des Bogens.

So präsentiert sich das „Haus am Wasser“ im südlichen Teil mit einer historischen Komposition der neuerstellten Fassade aus roten Ziegeln, Verzierungen mit gelben Klinkern in den Gesimsen und Stürzen der Fenster sowie im Attikaband. Anstelle der früheren schmiedeeisernen Verzierungen zur Geschoßdeckenverbindung verleihen heute farbig glasierte Keramikeinlagen dem Gebäude seinen eigenen Reiz. Die historische Bausubstanz des Hauses wurde auf der wasserabgewandten Seite durch eine gerundete Ganzglasfassade vergrößert.

Unter dem Begriff „Structural Glazing“ bietet diese Fassadenlösung durch eine fast geschlossene Glasfläche ein einheitliches Erscheinungsbild ohne vorstehende Rahmen oder Profilteile. Im Gegensatz zu den üblichen Aluminium-Glas-Fassaden bleiben die tragenden Pfosten-Riegel-Konstruktionen von außen unsichtbar. Möglich wurde diese Konstruktionstechnik unter u.a. durch die Entwicklung spezieller Silikon-Klebemassen, die nicht nur die Fassaden abdichten, sondern auch die auf die Scheiben einwirkenden Druck- und Sogkräfte dauernd sicher aufnehmen.

Während im Ausland schon seit vielen Jahren Ganzglasfassaden gebaut werden, können nun auch in Deutschland nach dem Vorliegen entsprechender bauaufsichtlicher Zulassungen seit Anfang der 90er Jahre Fassaden nach diesem Prinzip ausgeführt werden. Der Lüdenscheider Profilhersteller erhielt für die Aluminiumprofilserie vom Institut für Bautechnik in Berlin die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für Bauhöhen bis zu 100 m. Ein Grund für diese selten vergebene Zulassung liegt unter anderem in der vom Hersteller zusätzlich zur Verklebung der Scheiben vorgesehenen mechanischen Sicherung. Diese muß bei einem mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließendem Totalversagen der Verklebung sämtliche Lasten der Vorhangfassade allein aufnehmen.

Die bewährte Pfosten-Riegel-Bauweise als tragende Konstruktion kam auch hier zur Anwendung, wobei die Pfostenprofile nach innen verstärkt als Hohlprofile ausgebildet sind. Der Anschluß des Riegels an den Pfosten berücksichtigt temperaturbedingte Längenänderungen.

Architektur und Fassadentechnik haben sich, wie an den Beispielen zu erkennen, gemeinsam weiterentwickelt, wobei die Fassadentechnik zuverlässige Systeme zur Verfügung stellt, die auch derart kühne Bauvorhaben realisierbar machen. Als prädestinierter Werkstoff für moderne Fassadengestaltungen hat in den letzten Jahrzehnten Aluminium stetig an Bedeutung gewonnen.

Der Werkstoff Aluminium hat auch bei Geschäfts- und öffentlichen Bauten in Berlin mit dazu beigetragen, daß hier eine Synthese zwischen traditionellem Bauen und High-Tech-Anwendung hervorragend gelungen ist.

Gabriele Groschopp

nach oben