Gabriele Groschopp

Zuflucht für Tier & Mensch

Im Dienst der Vernachlässigten, Ausgesetzten und Abgeschafften

"Welch geistige Armut muss unter den Menschen herrschen, dass sie von Tieren verlangen, was sie selbst nicht vermögen." (Karin Szech)

Dieser Spruch ziert den Ausstellungsraum des Tierheims Wesendahl, dass am 18. Juli 1994 vom Tierschutzverein "Tiere in Not - Petershagen/Eggersdorf u.U." e.V. gegründet wurde. Maßgeblichen Anteil an dessen Aufbau – ohne staatliche Beteiligung, hat eine kleine, zierliche und resolute Frau - Karin Szech. Vor acht Jahren begann Sie mit der Beräumung einer Müllkippe mitten im Wald und schuf so für viele geschundene Tiere ein "Zuhause".

Heute beherbergt das Tierheim etwa 300 Tiere verschiedener Rassen und Arten, darunter cirka 150 Hunde, 100 Katzen und viele andere hilfsbedürftige Tiere. Für die Unterbringung der Tiere wurden aus Eigeninitiative, Eigenmitteln und Spenden 86 Zwingeranlagen, eine Katzenstadt, zwei Katzenbungalows, eine Reihe von Pferdeboxen, eine Pferdekoppel, Ziegen- und Schafunterkünfte erbaut. Neu gesponsert ist eine entsprechend große Folliere für die Fasanen.

nach oben

300 Tiere bedeuten 300 Schicksale. Aufschreiben kann man sie nicht, nur wundern, was Menschen mit Tieren machen:

Da werden Welpen in der Mülltonne gefunden; Katzen, deren Pfoten zertrümmert sind; Hunde, die angekettet am Baum, fast erfroren sind; aber auch Hunde, die sexuell missbraucht oder deren Vorderbeine mit einer Metallstange gebrochen wurden; Katzen, denen die Augen ausgestochen wurden. Was macht man mit den Haltern?

In der Satzung des Tierheims ist die Unzertrennlichkeit von Mensch, Tier und Umwelt festgeschrieben. Karin Szech lebt ihre Ideale und sagt: "Wenn ich den Tieren die Tür öffne, warum muss ich sie vor Menschen schließen?" So kommt es, dass nicht nur Tiere im Tierheim Wesendahl wohnen, sondern auch Kinder und Jugendliche, deren Schicksale oftmals trauriger sind, als die mancher Tiere. Und immer wieder versagt der Staat. Anerkennende Worte oder gar behördliche Hilfe für diese jungen Menschen hat Karin Szech nie bekommen und bekommt sie auch heute nicht. Aber sie gibt ihnen Wärme, Geborgenheit, das Wissen über die Tiere und vermittelt ihnen ganz besonders, dass sie etwas "Wert" sind. Sie helfen beim Bauen im Tierheim, zerstören nie etwas, was sie selbst schufen und geben den Tieren Zuwendung und Liebe, all dass, was auch ihnen bisher versagt blieb.

Im Tierheim Wesendahl herrscht immer Betrieb, Ruhe ist selten. Handwerker, die kostenlos etwas reparieren oder herrichten, Besucher, die unangemeldet kommen, Thomas,der aus dem Krankenhaus abgeholt werden muss, nach den Tieren sehen, füttern, beruhigen, unzählige Male den Telefonhörer abheben - Geschichten und Tagebuch schreiben. Bei Karin Szech hat der Tag 24 Stunden – und nachts brennt Licht. Die Kraft für die Bewältigung all ihrer Aufgaben, Ziele und Pläne geben ihr die "Kinder", die sich gut entwickeln und an denen sie ihre Freude hat. Ihr Wissen erlangt sie aus den Büchern von Monty Roberts, dem weltweit bekannten Pferdeflüsterer in Kalifornien, "...weil die Erfahrungen mit den Pferden auf die Beziehung von Mensch und Tier generell anzuwenden sind."

nach oben

"Abgeschafft"

...eine unheimliche Stille herrschte im Eichenwald, kein Vogel sang, kein Blatt regte sich. Es war als ob die Zeit stehen blieb. Leise aber unwiderbringlich kam Gevatter Tod.

Kalif, der Rottweiler, hatte seinen Kampf aufgegeben. Er hatte ihn verloren. Die durch die Kette stark geschädigte Rinde der 80 Jahre alten Eiche trug den Beweis das er mutig war. Tagelang mußte er um diesen Baum laufen um wieder freizukommen. Doch seine Mühe war vergebens. In der Vertiefung einer Wurzel hatte sich Regenwasser gesammelt, so hatte er wenigstens ein wenig zu trinken.

Wieder und wieder versuchte er freizukommen aber die Kette hielt ihn fest. Er fragte nicht mehr warum. Er hatte erkannt, daß er verloren war. Der Futtermangel hatte ihn entkräftet, die Einsamkeit zerstört. Er versuchte zu schlafen. Die Chance für Gevatter Tod - leise schlich er näher...der Wald hielt den Atem an.

Kalif träumte. Er hörte Stimmen. Er sah Kinder mit Fahrrädern. Glücklich lief er neben Ihnen her wie früher... Plötzlich ein Auto mit blauen Lichtern, noch ein Auto, Kalif, der Rottweiler konnte Traum und Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden.

Jemand zieht eine Decke unter seinen ausgekühlten Körper, er hört die Worte "...das Gleiche müßte man mit dem Menschen machen der Dir das angetan hat!", greift nach der Kette, löst sie von der alten Eiche und sagt: "...komm wir gehen nach Hause"....Traum oder Wirklichkeit?....

Tierheim Wesendahl
Tierheimleiterin Karin Szech
Mühlenstr. 6
15345 Wesendahl
Tel. 0 33 41/2 51 47
www.tierheim-wesendahl.de

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 12 bis 18 Uhr

nach oben

"Statt zu klagen, daß wir nicht alles haben, was wir wollen,
sollten wir uns freuen, dass wir nicht alles bekommen,
was wir verdienen."

Dieter Hildebrandt

"Es gibt Menschen die haben Augen und sehen nichts,
sie haben Ohren und hören nichts,

haben Gefühle und fühlen nichts."
"Es gibt Menschen, die haben in ihren Augen ein Zentimetermaß,
sie haben Ohren, die sie bei Bedarf schließen können
und das Wort "Gefühl" ist ihnen fremd!"

aus dem Tagebuch von Karin Szech